Ich habe schon viel gelesen übers Glück und übers glücklich sein. Einige Jahre meiner Jugend versank ich in elendigem Mitleid. Ich ertrank beinahe darin. Das Leben war zwar schwer, aber ich selbst machte es mir unerträglich. Als ich mich dann 2016 das erste Mal mit positivem Denken, Resonanz und Energie beschäftigte, änderte sich das schlagartig. Ich war davon überzeugt, dass man für sein Glück selbst verantwortlich ist und glücklich sein kann, wenn man das will. Alles was ich mir zu dieser Zeit wünschte, erfüllte sich. Ich hätte es zuvor nicht für möglich gehalten, aber mein Glaube war so Stark und meine Zweifel so klein, dass es tatsächliche funktionierte.
Einige Monate lang lief das ziemlich gut so, ich war so glücklich wie nie zuvor. Bis es anfing, dass meine Wünsche sich nicht mehr erfüllten und zeitweise plötzlich nichts mehr funktionierte. Das war natürlich deprimierend. Ich fing wieder an zu Zweifeln, aber unterdrückte diese negativen Gefühle. Ich war so darauf fixiert positiv zu denken, dass ich mir jeden negativen Gedanken verbot.
Einfacher gesagt als getan. Nach all diesen Ratgebern, die ich gelesen hatte, machte ich mir Schuldgefühle, wenn ich negative Gedanken hegte. Weil es doch immer heisst: Sei positiv, dann kommt alles gut. Aber was wenn das nicht geht? Wenn man es versucht und es einfach nicht klappen will?
Dieses Dilemma beschäftigte mich sehr, ich wollte ja optimistisch bleiben, aber wie, wenn in mir so viele Zweifel sind.
Ich fühlte mich schlecht, wenn ich traurig war. Wollte die Gefühle im Keim ersticken, aus Angst wieder in eine negative Spirale zu fallen. Ich wollte mich nie wieder so fühlen wie damals, als es mir so schlecht ging. Ich versuchte also mit ganzer Kraft, alles zu tun, was mich glücklich machen würde. Dann gab es diese Phasen, in welchen es mir dann weder gut noch schlecht ging. Kennt ihr das? Man kann keine Trauer spüren, aber auch nicht wirklich Freude. Wenn ich einige Wochen solche Phasen hatte, hielt ich es nicht mehr aus. Alles war so fad. Ich war abgestumpft und wusste nicht wieso. Ich hatte gar keinen Grund nicht glücklich zu sein. Ich hatte so viele Werkzeuge und wusste eigentlich was mich glücklich macht. Aber es half nichts.
Mit der Zeit provozierte ich mich selbst, traurig zu werden. Ich dachte an alte Zeiten, hörte traurige Musik, bis ich heulend zusammenbrach. Ich bemerkte, dass wenn ich, trotz dem Anspruch immer positiv sein zu wollen, die negativen Gefühle zulasse, wieder etwas fühlte. Die Erwartung, nur noch positiv sein zu dürfen, hat auch ihre Schattenseiten. Man wird so streng mit sich und macht sich Schuldgefühle. In den Büchern in denen ich las, stand nie was man tun sollte, wenn es dann mal nicht funktioniert, und das Glas halt auch mal halb leer ist. Das kann man nicht verhindern.
Ich möchte damit sagen, auch wenn man sehr optimistisch ist, braucht es Tage oder Momente, in denen man zusammenbrechen darf, weinen darf, den Teufel an die Wand malen darf. Ansonsten stumpft man ab. Man fühlt das Negative eben nicht mehr, aber genau so wenig das Positive. Man kann nicht nur eines fühlen. Entweder beides oder nichts. Wenn man die Zweifel so sehr unterdrückt, wachsen sie im Inneren und werden immer grösser.
Ich musste lernen, nicht mehr so streng mit mir zu sein. Mir zu erlauben Zweifel zu haben oder traurig zu sein, schlechte Gedanken zu haben. Das ist alles normal. Das gehört einfach dazu. Ich bin ein hoffnungsloser Optimist, aber nichtsdestotrotz weine ich, habe Angst, weiss manchmal nicht mehr weiter. Aber diese Gefühle gehen nur wieder vorbei, wenn man sie zulässt. Wenn man sie unterdrückt, bleiben sie irgendwo in einem drin und lassen einen abstumpfen.
Ganz ehrlich ich würde meine Höhen und Tiefen nie dafür eintauschen gefühllos zu werden. Schmerz lässt einen paradoxerweise lebendig fühlen. Zu spüren, dass man lebt, zu spüren, dass man fühlt, tut gut. Wenn ich mich manchmal schon fast extra zwang zu weinen und traurig zu sein, wusste ich, dass am nächsten Tag endlich alles weg sein wird. Weil ich wieder fühlen konnte. Ich konnte den nächsten Tag "neu" beginnen, weil der alte Balast endlich raus war.
Nimm dir einen Abend Zeit, schau einen traurigen Film, heul dich bei jemandem aus und lass deinen Gefühlen freien Lauf.
Nach einem Berg kommt ein Tal und umgekehrt. Wenn der Weg aber immer gerade ist, geht es weder bergauf noch bergab und das ist noch viel schlimmer.
Für alle, die dieses Gefühl kennen, seid nicht so streng mit euch. Gegensätze gehören zum Leben dazu. Der Körper kann nicht Dauerglücklich sein. Liebe und Hass, Freud und Trauer, Angst und Mut, all diese Gefühle zusammen machen unser Leben erst Lebenswert. Stelle nicht den Anspruch an dich, immer optimistisch sein zu wollen, das wirkt auch nicht authentisch. Weder für dich selbst noch für andere. Sei ehrlich zu dir selbst und lasse deine Gefühle zu. Niemand fühlt sich gerne schlecht, aber indem du es ZULÄSST, kannst du dieses Gefühl auch wieder LOSLASSEN.
Was tut ihr, wenn es euch schlecht geht? Seid ihr streng mit euch? Wann habt ihr das letzte Mal geweint?
In Liebe eure Nana 🌙
P.s. Alles ist gut
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